"Mit uns reden, nicht über uns, ohne uns"

Nachfolge Treffen zur Umsetzung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten in Slowenien Foto: Regierungsbüro für nationale Minderheiten

                 Am Montag, den 28. und Dienstag, den 29. November fand in Laibach/Ljubljana eine vom Europarat und seinem Beratenden Ausschuss organisierte Konsultation über das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten in Slowenien statt. Der Beratende Ausschuss hat in diesem Jahr seine fünfte Stellungnahme und Empfehlung ausgearbeitet, und die slowenischen Regierungsstellen haben sich bereits mit slowenischen Positionen zu dieser Stellungnahme geäußert. Diese Sitzung-Konsultation richtete sich aber in erster Linie an anerkannte und nicht anerkannte Minderheiten in Slowenien, damit die Vertreter sowohl den Ministerien als auch den Vertretern des Beratenden Ausschusses persönlich ihre Ansichten und ihre derzeitige Situation in Slowenien darlegen konnten.

                Der Beratende Ausschuss wollte insbesondere die Vorschläge der Volksgruppen zur Verbesserung ihrer Situation in Slowenien hören, aber in der kurzen Zeit, die den Vertretern der Minderheiten zur Verfügung stand, wurde deutlich, dass die meisten von ihnen mit der derzeitigen Situation unzufrieden sind, dass es an der Zusammenarbeit mit den Regierungsstellen mangelt und dass die Situation insbesondere der nicht anerkannten Minderheiten in Slowenien in der Praxis viel schlechter ist als es in der offiziellen Erklärungen steht. Einer der Vertreter der Volksgruppen sagte daher deutlich: “Redet mit uns, nicht über uns, ohne uns.”

                 Das erste Thema der Sitzung war die Bekämpfung von Hassreden, minderheitenfeindlicher Rhetorik, Vorurteilen und Stereotypen. Direktor des Amtes für Nationalitäten, Mag. Stanko Baluh, erklärte, dass die slowenische Regierung eine Aktionsgruppe zur Bekämpfung von Hassreden bereitet, und gleichzeitig wird eine Änderung des Strafgesetzbuches vorbereitet. Ein Polizeisprecher erklärte, dass sie schon zusätzliche Weiterbildungen für Polizeibeamte und Schulungen für Staatsanwälte und Richter vorbereiten. Er fügte hinzu, dass die heutige Gesetzgebung bereits die strafrechtliche Verfolgung von Hassreden (Artikel 277) erlaube, diese aber nicht umgesetzt wird.

    Das zweite Thema war den RTV-Sendern mit italienischer und ungarischer Staatsangehörigkeit gewidmet, die zwar verfassungsrechtlich anerkannt sind, aber große Probleme haben, vor allem in Bezug auf das journalistische Personal, da sie Stipendien für interdisziplinären Studium in den Bereichen Medienkommunikation und Italienische bzw. Ungarische Sprache benötigen würden.

    Das dritte Thema war der Verbesserung der Lebens- und Wohnbedingungen der Roma Minderheit gewidmet, da es in einigen Gebieten Sloweniens immer noch ein Problem mit schwarzen Roma-Siedlungen gibt, die weder über Wasser noch über Strom verfügen; allerdings sind die Roma auch nicht bereit, umzuziehen, so dass ihre derzeitigen illegalen Siedlungen legalisiert werden müssen, sonst wird es nicht besser.

   Das vierte Thema war der Präsentation einer Studie der Neuen Universität mit dem Titel “Analyse der Situation der kroatischen, deutschen und serbischen Minderheit in der Republik Slowenien” gewidmet. Die Studie hat Minderheiten als Objekt und nicht als Subjekt behandelt, bestimmte Aussagen wurden in kurze Debatte wiederlegt, weil die Realität in den nicht anerkannten Minderheiten in Slowenen ganz anders aussehe, und alle Vertreter schlugen vor, die Studie in schriftlicher Form zu bekommen, damit sie sich auch dazu konkret äußern können, und dass die Autoren dann eine Zusammenfassung der Kommentare erstellen, damit die Studie am Ende objektive Situation darstellt. Zum Beispiel wird in der Studie behauptet, dass die deutschen Gottscheer Altsiedler schon ausgestorben sind. Aber in der Debatte begann der ehemalige Präsident der Gottscheer Altsiedler August Grill, seine Debatte in Gottscheer Sprache und zeigte somit, wie lebendig Ihre Altdeutsche Sprache noch ist, und so wurde die “wissenschaftliche” Studie im Grunde widerlegt.

    Das heißeste fünfte Thema des Treffens, das leider erst zum Schluss und mit sehr wenig Zeit behandelt wurde, war der Präsentationen der einzelnen nicht anerkannten Minderheiten in Slowenien gewidmet. Die albanische, kroatische, serbische, bosniakische, mazedonische und deutsche Minderheit hatten nur wenige Minuten Zeit, um ihre Ansichten oder Probleme vorzutragen. Wie auch die Debatte zeigte, wurde die ganztägige Anhörung ausschließlich der Darstellung der Minderheiten, ihrer Situation und ihrer Forderungen gewidmet. Es war eine kurze, aber ziemlich hitzige Debatte, um es kurz zu machen: Die Vertreter der Minderheiten wollen, dass die Regierungsstellen mit ihnen und nicht über sie und ohne sie, reden. Es wird also mehr Zuhören und mehr Reden nötig sein, um die Dinge zum Besseren zu wenden. Die großen Hoffnungen der nicht anerkannten Minderheiten auf eine verfassungsmäßige Anerkennung werden trotz des guten Willens auf der (Minderheiten-)Seite angesichts der ablehnenden Haltung der Regierung zur Anerkennung offensichtlich noch einige Zeit lang nur Wunschdenken bleiben.

      Aber vielleicht, so hoffen wir, ist diese Konsultation nur ein Meilenstein und das sich das Rad der Anerkennung der nicht anerkannten Minderheiten in Slowenien schneller in die richtige, positive Richtung drehen wird. Ein letztes Beispiel: Die deutsche Minderheit ist in allen Nachfolgestaaten der österreichisch-ungarischen Monarchie, mit Ausnahme von Slowenien, offiziell anerkannt!!

Jan Schaller

Foto: Nachfolge Treffen zur Umsetzung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten in Slowenien Foto: Regierungsbüro für nationale Minderheiten

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Redakteur: Jan Schaller
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