Abschiedsbesuch bei dem Präsidenten Borut Pahor

Bundespräsident der Republik Österreich Dr. Alexander Van der Bellen (Mitte) im Gespräch mit unserer Präsidentin Veronika Haring Foto: Peter Lechner/HBF

              Am Donnerstag, den 8. und Freitag, den 9. Dezember, besuchte österreichische Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen, der vor kurzem seine zweite Amtszeit als Bundespräsident angetreten hat, dem Präsidenten der Republik Slowenien Borut Pahor in Laibach, mit einem Abschiedsbesuch. Dies war auch der letzte offizielle Besuch bei Borut Pahor zum Ende seiner Amtszeit, die im Dezember endet.

         Das Treffen der beiden Präsidenten war seit langem geplant und wegen der Erkrankung des österreichischen Bundespräsidenten Van der Bellen sogar um einige Tage verschoben worden. Der Besuch, bei dem es sich um einen protokollarischen Besuch handelte, bei dem es auch zu Empfängen mit anderen Vertretern der slowenischen Behörden kam, über das auch in den Medien berichtet wurde, war diesmal besonders der Situation der Angehörigen der deutschsprachigen Volksgruppe gewidmet, die in Slowenien offiziell noch nicht anerkannt sind. So traf sich der österreichische Bundespräsident Dr. Alexander van der Bellen separat mit Vertretern der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien, die in neun slowenischen Kulturvereinen organisiert sind.

                Eine Woche zuvor hatte in Laibach eine zweitägige Sitzung der Beratenden Gruppe des Europarats für die Durchführung des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten stattgefunden, bei der die deutsche Minderheit in Slowenien ihr Konzept zur rechtlichen Gleichstellung der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien vorgestellt hatte. Die deutsche Minderheit in Slowenien ist immer noch nicht offiziell als einheimische Minderheit anerkannt (offiziell wird sie sogar nur als eine ethnische Gruppe, nicht einmal als eine Gemeinschaft benannt), obwohl die deutsche Minderheit bereits von allen anderen Nachfolgestaaten der ehemaligen großen österreichisch-ungarischen Monarchie anerkannt worden ist.

       Es war daher eine große Überraschung, dass die abschließende Pressekonferenz der beiden Präsidenten Borut Pahor und Van der Bellen am Freitag in der repräsentativen Villa Podrožnik in Anwesenheit von Vertretern der deutschsprachigen Minderheit gerade der Stellung bzw. Nichtanerkennung dieser Minderheit in Slowenien gewidmet war. Präsident Borut Pahor hat sich in diesem Jahr mehrfach mit der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien getroffen und deren Probleme angehört. Es ist daher nicht verwunderlich, wen Borut Pahor in seiner Ansprache die Integration der Minderheit als Brücke zwischen den beiden Nationen betonte.

       In seiner Ansprache sagte Borut Pahor unter anderem: “Sie, die deutschsprachigen Bürger Sloweniens, sind die Erben einer Minderheit, die einst in Slowenien stark vertreten war. Heute fühlen Sie sich jedoch oft ausgegrenzt und nicht ausreichend anerkannt. Ich habe das Gefühl, dass wir dieses Miteinander oft vernachlässigen, obwohl unsere Geschichte so eng miteinander verwoben ist und auch die heutige enge wirtschaftliche Zusammenarbeit wichtig ist. Leider hat das 20. Jahrhundert auch viel Elend gebracht, und leider haben wir Slowenen nicht immer richtig unterscheiden können zwischen denen, die das slowenische Volk entnationalisieren wollten oder sogar Kriegsverbrechen begangen haben, und denen, die von Geburt und Identität hier zum deutschen Volk gehörten und immer unter uns und mit uns gelebt haben. Während des Zweiten Weltkrieges und noch mehr nach dem Krieg wurde Ihrer Minderheit viel Unrecht angetan, die Verstaatlichung war ungerecht, und auch bis heute ist nicht alles vollständig wiedergutgemacht.
Ich möchte betonen, dass Sie als Nation und Ihre Sprache ebenfalls geschützt sind, auch wenn Sie in unserer Verfassung nicht ausdrücklich erwähnt werden. Wir müssen auf der Zusammenarbeit und dem Zusammenhalt unserer Völker bauen, und ich persönlich bin der Meinung, dass wir die Situation der deutschsprachigen Volksgruppe noch viel verbessern können, auch innerhalb des derzeitigen Verfassungsrahmens, und ich werde mich auch in der Zukunft dafür einsetzen.”

      Der Bundespräsident der Republik Österreich, Alexander Van der Bellen, dankte in seiner Ansprache Borut Pahor für dieses letzte Treffen in Laibach und insbesondere für seine Bemühungen um den Erhalt der Sprache und Kultur der deutschsprachigen Minderheit. “Die Vielfalt bedroht uns nicht, sie bereichert uns. Die beiden Minderheiten, die slowenische in Österreich und die deutsche in Slowenien, müssen Brücken der Integration und der besseren Zusammenarbeit sein. Österreich setzt sich daher seit langem für die offizielle Anerkennung der deutschen Minderheit in Slowenien ein, was auch durch alle vier Entschließungen des österreichischen Parlaments bestätigt wurde. Es handelt sich um eine neue politische Kultur, und die Minderheiten müssen gefördert und an die aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Der Kenntnis zweier Sprachen in diesem eng verknüpften Gebiet ist eine Bereicherung, und wir verfolgen damit auch die gemeinsamen Interessen der Europäischen Union um eine noch engere Zusammenarbeit. Deshalb danke ich Ihnen, liebe Vertreter der deutschen Minderheit in Slowenien, dass Sie diese Brücken der Integration auf beiden Seiten der Grenze bauen.”

      Die beiden Präsidenten setzten ihr Treffen am Freitagnachmittag noch in Pettau, der ältesten Stadt Sloweniens, fort. Gemeinsam besuchten sie eine Ausstellung im Fürst-Haus, wo sie von der Familie Fürst empfangen wurden und eine kurze Einführung in die fünf Generationen der Familie Fürst erhielten, die durch die Entnationalisierung zu ihren Wurzeln in Pettau zurückgekehrt sind.

    Am späten Nachmittag, zum Abschluss ihres offiziellen Besuches, enthüllten Präsident Borut Pahor und Präsident Alexander Van der Bellen am Pettauer Schloss eine Sitzbank der Freundschaft zwischen den beiden Nationen, die eine dauerhafte Erinnerung an die langjährige Zusammenarbeit zwischen den höchsten Staatsmännern der beiden Nachbarländer sein wird.

Jan Schaller

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Redakteur: Jan Schaller
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