FAMILIE HUTTER

Josip / Josef Hutter wurde am 19. März 1889 in Niedertiefenbach geboren, als einer von zehn Kinder in der Familie, die zu den Gottscheer Deutschen gehörte. Seine Frau Elizabeta, geborene Hribar, war eine Slowenin, geboren am 14. September 1899 in Izlake bei Zagorje. Sie hatten drei Kinder: Julian, geboren 1922, Eva, geboren 1924, und Josip Jr., geboren 1929.

Das Ehepaar Hutter traf sich nach dem Ersten Weltkrieg in Ljubljana. Sie verbrachten die ersten zwei Jahre ihrer Ehe in Laibach, danach zog die Familie mit ihrem ältesten Sohn nach Marburg.

Der älteste Sohn, Julian, starb kurz vor Kriegsende 1945 an den Folgen des Unfalls. Er wurde einige Tage vor Kriegsende in Marburg beigesetzt.

Nach dem Krieg und einigen Jahren des Leidens konnte die Familie Hutter Anfang der 1950er Jahre nach Österreich auswandern und hat in Innsbruck zweite Heimat gefunden, wo sie die Textiltradition fortsetzte. Josip Hutter starb am 26. April 1963 in Innsbruck und seine Frau Elizabeta am 12. Oktober 1994. Ihre Tochter Eva, verheiratet Roglič, starb am 24. Juni 2003. Der jüngste Sohn Josip Hutter Jr. verbrachte den größten Teil seiner Erwachsenenjahre in den Niederlanden, wo er noch immer lebt.  

Marburg/Drau: Noch heute stolz auf Hutter

Textilfabrik Hutter von Drau Ufer

Das heutige slowenische Maribor/Marburg an der Drau/ lebt noch immer auf deutschen Wurzeln. Einige Namen berühmter Deutscher sind noch heute auch in slowenische Sprache im Alltag präsent. Das beste Beispiel ist der Familienname Hutter. Jeder Einwohner von Marburg weiß, dass der größte Wohnblock gegenüber dem Gemeindehaus „Hutters Wohnblock“ ist. Und jeder der in Pobersch/Pobrežje (Teil von Marburg, am rechten Ufer der Drau) wohnt, kennt die Siedlung „Hutters Arbeiterkolonie“. Nur ältere Marburger kennen noch Hutters moderne Villa, neben dem Stadtpark, in dem sich heute der Polizeiklub befindet.

Also, wer war Hutter und welchen Stempel hat er in Marburg hinterlassen?

      Josip, geboren1889 als Josef Hutter, Deutscher in Gotschee/Kočevje, das damals noch ein deutsches Siedlungsgebiet war, beendete die Grundschule, zwei Jahre Gymnasium und drei Jahre Handelsschule in der damaligen österreichisch-ungarischen Monarchie. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges begann er als Kaufmann in Laibach/Ljubljana zu arbeiten. Er lehnte das Angebot des Miteigentums ab, weil er sein eigenes Unternehmen gründen wollte. Nach seiner Heirat mit Elizabeta Hribar lebten sie noch zwei Jahre in Laibach/Ljubljana, wo ihr erster Sohn Julian geboren wurde.

   Josip Hutter kam 1922 mit seiner Familie nach Marburg/Maribor und arbeitete zunächst als Großhändler in einem Provisionsgeschäft, das der österreichischen Firma Wanzl Hoffelner gehörte. Zu dieser Zeit war Marburg/Maribor bereits ein wesentlicher Bestandteil des Königsreiches Jugoslawien. Mitte der zwanziger Jahre wurde Hutter Gründer und Mitinhaber der Textilfabrik Hutter & Co. Miteigentümer war der Österreicher Richard Poche aus Linz, der nur ein finanzieller Partner des Unternehmens war.

       Hutters Textilfabrik in Melling/Melje wurde 1926 als Hersteller von Hosengewebe in Betrieb genommen, später kamen dazu noch die Herstellung von Klothen, eine Spinnerei, eine Fadenfabrik und eine Seidenweberei hinzu. Am Anfang beschäftigte das „Hutter Unternehmen“ 360 Arbeiter, diese Zahl stieg bis 1940 auf 1.600 Arbeiter. Hutter war auch Mitinhaber eines Geschäftes in Linz und einer Textilfabrik in der Nähe von Salzburg.

ARBEITERSIEDLUNG

Hutters Wohnsiedlung auf Pobersch/Pobrežje im Jahr 1937,

 Als Fabrikbesitzer hatte Josip Hutter ein offenes Ohr für die Lösung der Wohnungsprobleme seiner Mitarbeiter. So wurde 1937 auf Pobersch/Pobrežje, auf der anderen Seite der Drau, mit Blick auf Hutters Textilfabrik in Melling eine Wohnsiedlung von 20 Zweiparteienhäuser mit 40 Wohnungen gebaut. Die Ansiedlung von einstöckigen Häusern mit einem Garten, die in vier Reihen nebeneinander standen, hatte einen gemeinsamen Brunnen mit einer Pumpe und einem eigenen Transformator zur Beleuchtung der Siedlung. Die Badezimmer in diese Siedlung waren zur damaligen Zeit ein wahrer Luxus. Das gleichzeitige Erhitzen des Wassers für Küche und Bad war etwas Besonderes. Alles, vom Kauf des Grundstücks bis zum Bau wurde von Hutter finanziert. Er wollte, dass die Arbeiter die Häuser mit Mieten zurückzahlen und Eigentümer werden. Leider wurde dies durch den Krieg verhindert. Der Krieg verhinderte auch die Ausweitung der Siedlung, da dies Teil von Hutters sozial-wirtschaftlicher Vision war.

Hutters Wohnblock

Hutters Wohnblock, im Zentrum der Stadt Marburg, 

 Hutter begann 1939 mit dem Bau eines Wohnkomplexes im Zentrum von Marburg, neben dem Stadtpark, wo die Götz-Brauerei war. Die Projekte wurden 1940 zum Bau vorbereitet. Bis zu Beginn des Krieges wurde der Wohnkomplex bis zum Dach bebaut und wurde während des Krieges fertiggestellt. 1944 berichteten Zeitungen, dass in den Wohnblock die ersten Bewohner eingezogen sind. Nach Kriegsende wurden die meisten deutschen Familien vertrieben und das Gebäude wurde nun ein Wohnblock für privilegierten kommunistische Genossen.

Hutter Wohnblock mit 141 Wohnungen, der an vier Straßen grenzte, hatte einen einzigen Innenhof, und zehn Treppenhäuser, in denen auch Aufzüge, ein Unterstand und Keller eingebaut waren, und im Erdgeschoss gab es Hauswirtschaftswohnungen. Im Hof waren ein Heizraum für Zentralheizung, Räume zum Waschen und Trocknen von Wäsche und sogar ein Bügelraum eingeplant.. Der fünfstöckige Wohnblock hatte unterschiedlich große Wohnungen, von Einzimmerwohnungen bis zu luxuriös eingerichteten Fünfzimmerapartments.

Hutter Villa neben dem Stadtpark

       

  Hutter Villa neben dem Stadtpark, von Gartenseite

Die dritte Attraktion der Hutter Familie ist ihre Hutter-Villa neben dem Stadtpark. 1927 kauften sie eine alte Villa, die sie abrissen und stattdessen eine neue, moderne Villa errichteten, die an die Bedürfnisse, Wünsche und vor allem an die finanziellen Möglichkeiten angepasst wurde. Sie zogen 1934 in die Villa ein. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war diese Villa das Zentrum des gesellschaftlichen Lebens der Familie Hutter.

 Hutters Frau Elizabeth, die Miteigentümerin der Textilfabrik, war Eigentümerin diese Villa und widmete sich nach dem Umzug nur noch der Familie und diese Villa. Sie hatten engste Kontakte zum Textilhändler Maier, einem engen Nachbarn, zur Familie Lenard, Eisenwarenhändler auf der damaligen Aleksandrova /heute Partizanska cesta und zum Militärkamerad Roglič, einem Schuhhändler. Tochter Eva heiratete Roglič Sohn Božo.  

Im Königsreich Jugoslawien bauten die Hutters in Ribnica auf dem Bachern- Gebirge auf 1505 Metern Höhe eine moderne Ferienvilla mit eigener Stromerzeugung. Die Ferienvilla war im Sommer ein Zufluchtsort zum Ausruhen, dort waren auch Freunde eingeladen, und im Winter fuhren sie dort Schi. Am 9. Oktober 1942 plünderten und verbrannten Partisanen die Ferienvilla der Hutters. 1949 haben Bergsteiger nach Plänen die Ferienvilla als Berghütte wiederaufgebaut. Heute ist sie als Ribniška koča bekannt.

Hutters viertes Merkmal war, dass er während der Jahre des größten Erfolgs bescheiden blieb. Josip Hutter investierte viel Zeit, Energie und Lebensphilosophie in die Arbeit, seine Fabrik und die damit verbundenen Aktivitäten. Wichtig waren ihm dabei die Begriffe Rationalität und Funktionalität, keineswegs ging es ihm darum Luxus zu zeigen. Als seine Frau Elizabeth damals ein modisches Nerzkleid kaufen wollte, sagte ihr Mann zu ihr: „Beti, Nerz nicht! Jetzt haben wir Freunde, aber wenn du einen Nerz bekommst, können wir Freunde verlieren! “

 Noch vor Kriegsende war die Familie Hutter vom Tod ihres ältesten Sohnes Julian schwer getroffen. Nach Kriegsende kam es dann noch schlimmer, als das Eigentum des Ehepaares Hutter im August 1945 von einem Militärgericht beschlagnahmt wurde. Joseph Hutter war unmittelbar nach dem Krieg sogar einige Zeit inhaftiert. Er wurde zu fünf Jahren Gefängnis mit Zwangsarbeit und zum Verlust des Wahlrechts für fünf Jahre verurteilt. Josip Hutter landete in einem Arbeitslager und musste dann eine Arbeit in einer Textilfabrik in Cilli/Celje übernehmen. Da ihre Villa ebenfalls beschlagnahmt worden war, mussten sie in eine Wohnung in den „Hutters Wohnblock“ ziehen.

 In den frühen 1950er Jahren wurde Josef und Elizabeth Hutter die Erlaubnis erteilt nach Österreich auszuwandern. Der jüngere Sohn war bereits in Villach, und die Tochter war schon vor Kriegsende nach Österreich gezogen, wo ihr Mann als Arzt in Südösterreich arbeitete.

 Somit endete Hutters zwei Jahrzehnte lange Geschäftskarriere in Marburg/Maribor, aber er hinterließ bleibende Spuren in der Stadt. Als Erinnerung und andenken sind Hutters Wohnblock, Hutters Arbeitersiedlung und Hutters Villa im Park.

     "Ich erkannte, dass er eine besondere Lebensphilosophie hate. In den Erinnerungen der Menschen von Marburg wird er als eine Art Kultfigur des Vorkriegszeit gesehen, als ein äußerst fähiger Geschäftsmann und insbesondere als Kapitalist mit sozialem Sinn", schreibt Jerneja Ferlež in dem Buch über Josip Hutter.

     Text  Jan Schaller

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